Die Zukunft der Geschäftsreisen und ihre Auswirkungen
Artikel veröffentlicht in: Cost & Logi, Zukunft Hotel, 17.12.2021
Es ist wahrscheinlich niemandem entgangen, dass Geschäftsreisen während der Corona-Pandemie drastisch zurückgegangen oder gar zum Erliegen gekommen sind. Natürlich gab es zahlreiche Vermutungen und Diskussionen rund um dieses Thema und die langfristigen Auswirkungen. Jetzt erscheinen jedoch mehr Studien, die ein klareres Bild ergeben, was zu erwarten ist, und es können einige aufschlussreiche Schlussfolgerungen gezogen werden. Diese Schlussfolgerungen können dem proaktiven Hotelier helfen, bei dem derzeit sehr anspruchsvollen „Spiel“ der optimalen Zimmerbelegung einen Wettbewerbsvorsprung zu haben.
Weniger Reisen erwartet
Für das Jahr 2019 berichtete Statista einen Allzeitrekord von 195,4 Mio. Reisen zu geschäftlichen Zwecken in Deutschland. In einer neuen Studie, die im September 2021 durchgeführt wurde, antworteten auf die Frage, wie viele Geschäftsreisen sie in den letzten 12 Monaten getätigt haben, 75 % der befragten Personen mit null Reisen. Doch was erwartet uns dann in der Zukunft?
Laut einer Studie zu den Erwartungen für Geschäftsreisen von Roland Berger im Oktober dieses Jahres gaben 55 % der Befragten an, dass sie insgesamt einen Rückgang der Geschäftsreisen um 20 % in der Post-Corona-Zeit erwarten. Für Europa beträgt die entsprechende Zahl 25 %. Außerdem gehen Schätzungen von Fluggesellschaften in den USA von einem voraussichtlichen Rückgang der Geschäftsreisen um 19-36 % aus.
Anpassung an Veränderungen
Wenn man einige der Aktienkurse der großen Ketten betrachtet, könnte man sich die Frage stellen, ob die Branche und die Aktionäre den Ernst dieser Veränderung verstanden haben. Wenn man sich Hilton, Marriott, Hyatt und Intercontinental ansieht, haben alle außer einem zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels einen Börsenwert, der über dem Wert der Vor-Corona-Zeit liegt. Dies kann als überraschend gelten, wenn man berücksichtigt, dass ein sehr großer Teil ihres Geschäfts an Geschäftsreisen in Hotels mit Business-Schwerpunkt gebunden ist. Sicherlich unternehmen die Ketten eine Menge, um sich an diesen Wandel anzupassen, und dies sollte auch jeder Hotelier tun. Es wäre gefährlich, einfach nur zu warten, bis sich die Nachfrage erholt. Hier haben unabhängige Hotels einen Vorteil, da sie den Wandel schneller bewältigen können als die Ketten, und sie müssen ihn nutzen!
Gründe
Einige der Haupttreiber, die in der Roland-Berger-Studie berichtet werden und die hinter diesen niedrigen Erwartungen stehen, sind vielleicht offensichtlicher als andere, wie z.B. Technologien, die bessere Online-Besprechungen ermöglicht haben, und die Umweltverpflichtung von Unternehmen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und daher Reisen zu begrenzen. Komfort zählt ebenfalls zu diesen Faktoren, und viele, die eine umfangreiche Reisetätigkeit pflegten, sind jetzt einfach froh, mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Auch der finanzielle Vorteil von Kosteneinsparungen bei weniger Reisen für Unternehmen ist offensichtlich.
Reisearten
Um zu erfahren, wie sich dies auf die Hotelbranche auswirken kann, sind wir bei berner+becker der Ansicht, dass es auch wichtig ist, zu prüfen, welche Art von Geschäftsreisen am meisten betroffen ist. Wir können dabei feststellen, dass interne Besprechungen so weit wie möglich in den Online-Bereich verlagert werden. Kundenbezogene Arbeitsbesprechungen finden auch weniger statt, doch für Unternehmen gilt offenbar immer noch der Anreiz glücklicher Kunden als wichtiger Reisegrund. Außerdem erwarten wir, dass verkaufsbezogene Besprechungen schneller als andere Reisearten zurückkehren, da die Neukundengewinnung über den Wettbewerb immer eine Priorität ist, und hierfür ist ein persönliches Treffen sehr effizient. Im Messebereich sehen wir tatsächlich einen Trend, dass einige Messen bereits wieder ein Comeback erleben, und dass die physische Präsenz, um neue Produkte zu berühren und zu fühlen (touch & feel-Messen), einen Mehrwert schafft. Daher werden Messen weiterhin stattfinden, es ist aber zu erwarten, dass sie eine geringere Bedeutung haben werden, bis der Welthandel eine stärkere Wiederbelebung erfährt.
Verkehrsmittel
Interessanterweise werden sich nicht nur die Reisearten verändern, sondern auch die Verkehrsmittel. Hier berichtet Roland Berger, dass Flugreisen um 8 % zurückgehen sollen, wobei sich dieses Volumen überwiegend auf den Straßenverkehr mit +13 % verlagert, und auch bei Bahnreisen wird eine leichte Zunahme erwartet.
Hotel-Maßnahmen und Verkaufsstrategien
Was kann also ein Hotel tun, um agil zu sein und sich an diese Veränderungen anzupassen? Wir bei berner+becker erwarten kurz- und mittelfristig einen harten Wettbewerb um die bestehenden Geschäftsreisenden. Dies wird zu einer Veränderung führen bei der Art und Weise, wie und zu welchen Bedingungen Verträge ausgehandelt werden.
Um die verbleibende Nachfrage von Unternehmen zu sichern oder Reisende zu gewinnen, die Freizeit- und Geschäftsreisen verbinden, müssen Hotels auch über den Tellerrand schauen und sich erneuern. In unserer Top-Liste „11 Tipps für Ihr Frimenkundgeschäft“ haben wir einige wertvolle und einfache Maßnahmen zusammengefasst, die Sie ergreifen können, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.
Bedauerlicherweise wird mittel- bis langfristig ein großer Teil der Geschäftsreisen offensichtlich nicht zurückkehren. Um sich optimal auf die Zukunft vorzubereiten, müssen Hotels so weit wie möglich versuchen, sich ein neues Image zuzulegen und neue Zielgruppen zu gewinnen, die sich auf die Freizeitnachfrage konzentrieren. Dies könnte etwa durch die Hinzufügung von Erholungseinrichtungen wie eines Spa usw. geschehen, und vielleicht indem einige Räume aus dem Bestand herausgenommen werden, anstatt sie leerstehen zu lassen. Die Ersetzung des Geschäftsreisesegments durch andere bestehende Segmente, mit einem breiten Fokus auf Gruppen, Reisebürogeschäft, Online-Direktgeschäft und OTA-Geschäft, ist ebenfalls erstrebenswert, um einen Wettbewerbsvorsprung zu sichern.
Langfristige Perspektive
Ich glaube, dass die fernere, langfristige Zukunft erfolgreich sein wird, auch im Bereich Geschäftsreisen. Irgendwann werden die Reisen in der gesamten Welt diejenigen der Vor-Corona-Zeit mit 1,5 Milliarden Ankünften im Jahr 2019 laut der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) übersteigen. Insbesondere mit Öko-Angeboten, die in größerem Umfang verfügbar sein werden, und wenn wir uns alle wieder sicher fühlen können. Aber das Reisearten-Mix wird nicht mehr dasselbe sein wie vorher, und Freizeitreisen werden einen größeren Anteil gewinnen. Daher müssen Hotels jetzt handeln und sicherstellen, dass sie sich an die neue Situation anpassen. Irgendwann werden auch die Geschäftsreisen diejenigen der Vor-Corona-Zeit übersteigen, aber dies wird eine ganze Weile länger dauern.