Die Mehrwertsteuererhöhung ist da – und nun?
Zum Lieblingsitaliener gehen oder mal richtig schick essen gehen: Viele verkneifen sich das wohl ab Januar. Denn die Mehrwertsteuer beträgt für Restaurantbesuche 2024 wieder 19 Prozent. Damit kostet auswärts essen mehr. Aber wer hat dabei die Hotels auf dem Schirm, die mit gastronomischem Angebot, Frühstück, Halbpension, Arrangements usw. werben?
Dreieinhalb Jahre lang mussten Restaurants und Cafés nur sieben Prozent Mehrwertsteuer auf alles, was für Speisen berechnet wird, an den Staat abführen, genauso Hotels. Jetzt steigt die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent. Zwölf Prozentpunkte mehr – das trifft die Branche hart, aber wahrscheinlich auch viele Gäste.
WARUM NUN 19% UND WAS SAGEN ÖKONOMEN DAZU?
Die Politik verspricht sich durch die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz (zur Erinnerung: diesen Steuersatz hatte die Branche bis 30.06.2020) Einnahmen in Milliardenhöhe. Bund und Länder haben durch die vorübergehende Senkung auf sieben Prozent 3,6 Milliarden Euro pro Jahr weniger eingenommen. Die gesenkte Mehrwertsteuer auf Speisen war die Antwort auf eine Ausnahmesituation, die so nicht mehr existiert: Sie wurde wegen Corona am 1. Juli 2020 abgesenkt und anschließend wegen der hohen Inflation niedrig gehalten.
Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, ist der Meinung, es sei nicht Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass mehr Menschen ins Restaurant gehen oder F&B Leistungen in Hotels in Anspruch nehmen. Nach dem Ende der Pandemie gäbe es keinen Grund mehr, die Branche zu bevorzugen. Die Gastronomie sei längst auf eine höhere Mehrwertsteuer vorbereitet. Denn zuletzt hätten Gastronomen die Preise viel stärker erhöht als viele andere Bereiche der Wirtschaft, und für Hotels trifft das in ähnlicher Art und Weise mit der Begründung durch hohe Inflation zu.
ESSEN GEHEN IST OHNEHIN SCHON TEURER GEWORDEN – JETZT ERNEUT?
Ja, zumindest im Durchschnitt. Das Statistische Bundesamt rechnet vor, dass Essen in der Gastronomie heute ein Fünftel mehr kostet als noch im Januar 2021. Ökonomen des ZEW vermuten, dass Restaurantbesitzer die Rückkehr zum höheren Mehrwertsteuersatz teilweise schon miteingepreist, also vorweggenommen haben.
Etwa 90 Prozent der gastronomischen Betriebe sagen, dass sie die Preise erhöhen werden, weil sie sonst allein auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Das hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in einer Umfrage ermittelt. Und damit ist wohl klar, in welche Richtung das auch bei Hotels und deren gastronomischen Angebot laufen wird – Umlage auf die Gäste durch erhöhte Preise in den meisten Fällen. Fair enough, wenn jeder mitzieht. Aber hier kommt die Krux, denn es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, die Sinn machen könnten und damit auch den Wettbewerb befeuern.
EIN KURZER ÜBERBLICK
• Hotels, die bis dato ausschließlich inkl. Frühstück verkauft haben, werden zusätzlich eine exkl. Frühstück Option anbieten – niedrigerer, wettbewerbsfähigerer Preispunkt im Zimmerbereich einhergehend.
• Hotels steigen von inkl. auf exkl. Frühstück um – drastisch, aber wirksam. Siehe oben, im margengesteuerten Zimmerverkauf sicher ein Pluspunkt.
• Hotels werden sich mit Restaurants aus der Umgebung auch für Lieferangebote zusammentun – mit einem revenue sharing Modell bspw. Denn für Lieferdienste gilt weiterhin die 7% Regel, Gäste bekommen Ihr Essen ins Hotel und das Hotel steckt für die Vermittlung etwas Provision ein. WIN WIN WIN.
• Es wird Hotels geben, die die MwSt. Erhöhung nicht an die Gäste weiterreichen, weil sie es sich leisten können. Und diese Hotels sind wohl generell in einer guten Position.
WAS MACHT DIE MEHRWERTSTEUERERHÖHUNG NUN MIT DER NACHFRAGE?
Das Meinungsforschungsinstitut Yougov hat ermittelt, dass 44 Prozent der Befragten sagten, sie würden, wenn die Mehrwertsteuer wieder voll draufgeschlagen werde, entweder seltener essen gehen oder gar nicht mehr.
Das war übrigens bereits in den vergangenen beiden Jahren so, als die Mehrwertsteuer noch niedrig war. Viele Menschen wollten seltener oder gar nicht mehr ins Restaurant gehen, weil sie wegen der Inflation Geld sparen wollten. Dasselbe traf auf Hotelreisen zu. Ist es passiert? Nicht wirklich.
UND GENAU HIER KOMMT AUCH DER MUTMACHER…
Der Branchenverband Dehoga rechnet zwar damit, dass viele Betriebe aufgeben werden. Aber sind wir ehrlich, der Aufschrei bei Veränderung ist anfangs immer groß und recht zügig gewöhnt man sich dann an das, was zuvor Empörung und Angst ausgelöst hat. Gäste werden sich an widerum höhere Preise gewöhnen, Hotels und Gastronomen in aller Regel die höhere Abgabelast verdauen bzw. kompensieren und in absehbarer Zeit kommt dann sicher ein neues Thema hinzu, das gänzlich von der Mehrwertsteuererhöhung ablenkt. Also, mutig bleiben, es wird sich regeln!